Donnerstags kurz vor 17:00 beim Eintreten in die Sporthalle 603 bin ich erschrocken und begeistert zugleich. 10 Platten sind aufgebaut, eine Ballmaschine lässt Bälle in hoher Geschwindigkeit übers Netz fliegen, überall liegen die kleinen TT-Bälle aus Plastik (nicht mehr Zelluloid) in der Halle verstreut. Mittendrin die Trainer mit Anweisungen, Übungsanleitungen, Korrekturen und sehr viel Geduld für die Jugendlichen und Kinder, die das ABC des Tischtennis erlernen wollen oder schon in einem beachtlichen Maße erlernt haben. Wortfetzen, wie mehr Spin, Unter, Über- und Seitenschnitt, Schupfen, Beinarbeit, Angriff und Abwehr schwirren durch die Halle. Und mittendrin ein Gesicht, das mir noch nicht bekannt ist. Seine Übungseinheiten mit dem Nachwuchs verraten aber, da ist einer an der Platte, der schon mal „höher“ gespielt hat. Ich frage Philipp, unseren Nachwuchsverantwortlichen, wer das denn sei und erfahre, dass „er“ seit fast 3 Wochen dabei ist. Neugierig geworden, bitte ich um ein Gespräch nach dem Training und erfahre sehr Interessantes in einem sehr guten Deutsch. „ Mein Name ist Osamah Fakhouri, ich bin 41 Jahre alt und komme aus Damaskus / Syrien. 2016 bin ich nach meiner Flucht aus Syrien hier im Raum Rostock angekommen. Ich war in Syrien sowohl als Einkäufer für BMW als auch später in einer Firma als Personalleiter tätig. Vor einem Monat konnten meine Frau und meine 7 Jahre alte Tochter nachziehen, so dass wir als kleine Familie wieder zusammen leben können. Darüber bin ich sehr glücklich. Genau in der Zeit sah ich, dass der Sportverein SV Hafen Tischtennis-Trainer für den Nachwuchsbereich sucht. Ich habe mich um Kontakt zu den Verantwortlichen bemüht und das ich heute hier in der Halle bin, ist das Ergebnis eines sehr offenen Gespräches. Ich habe in Syrien seit meiner Kinderzeit Tischtennis gespielt, war Syrien-Meister in der Altersklasse 12 und habe im Männerbereich in der syrischen Liga viele Jahre lang gespielt. Dann hat der Beruf so viel Zeit verschlungen, so dass ich Prioritäten setzen musste und mit dem Sport aufhörte. Nun möchte ich mir mit meiner kleinen Familie ein Leben in Deutschland aufbauen, eine Arbeit finden und in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft Kontakte finden. Eine Form der Integration ist auch der Sport, den ich gerne wieder betreiben will. Meine Frau und meine Tochter habe ich auch zu einem Training mitgenommen, um Ihnen zu zeigen, mit welchen freundlichen Menschen und fairen Sportlern ich in Kontakt gekommen bin. Ich bin froh, dass der SV Hafen mir diese Form der Integration bietet. (Mittlerweile ist der Aufnahmeantrag, Mitglied unseres Vereins zu werden, gestellt, so berichtet mir Volker Ströde, der Abt. Leiter TT.).
Nach diesem sehr bewegenden Gespräch beteiligt sich Osama am Training mit den Spielern der 1. Mannschaft, wo er seine spielerische Klasse zeigt. Erst Juan, jetzt Osamah, der SV Hafen wird auch im Tischtennis internationaler, etwas schon alltägliches in den Fußballmannschaften des Vereins.
ela